CSU-Bürgertreff zum Thema Energiewende
„Energie ist die Grundlage der Daseinsvorsorge.“ Mit diesen Worten begann der Referent Andreas Engl beim gutbesuchten letzten Bürgertreff der CSU Vilsbiburg im Gsellnhaus seinen Vortrag zum Thema „Energiewende als Wirtschaftskraft einer Region, im Einklang mit der Natur und in Bürgerhand“, mit dem er das Regionalwerk-Konzept vorstellte.
Nachdem der Ortsvorsitzende Christian Frankowski die Anwesenden, allen voran natürlich Andreas Engl, den Geschäftsführer der regionalwerke GmbH & Co. KG und Ortsvorsitzender der CSU Bodenkirchen sowie Stadträtin und stellvertretende Landrätin Claudia Geilersdorfer, Stadtrat Hermann Bauer und Organisator Wolfgang Wimmer begrüßt hatte, erläuterte der Referent, dass eine sichere Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge einen ähnlichen Stellenwert wie die Wasser- oder Krankenversorgung hat. Anders als allgemein angenommen, wird die Versorgungssicherheit jedoch nicht über die erneuerbare Erzeugung definiert, sondern laut Engl über den Preis, denn auch erneuerbaren Strom müsse man sich leisten können.
Seit mehr als 12 Jahren beschäftigt sich Engl mit der Energiewende und den damit verbundenen Problemen des Umstiegs in ein erneuerbares Energiezeitalter, für die er mit seinem Unternehmen nach Lösungen sucht. Im Jahr 2018 nahm Engl am ersten Forschungsprojekt „SMECS – smart energy communities“ teil und er durfte im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums untersuchen, welche digitalen Technologien im Bereich der Energiewirtschaft und für erneuerbare Energien-Gemeinschaften notwendig sind. Themen wie Blockchain oder künstliche Intelligenz, bspw. für Prognosemodelle, stellen laut Engl „einen Zauberstab für eine marktwirtschaftliche Energiewende dar“. Allerdings fehlte ihm noch eine entsprechende Vertriebsstruktur, um innovative Lösungen flächendeckend in jedem Winkel Bayerns anbieten zu können. Für ihn war klar, dass dafür nur Kommunalunternehmen wie Stadtwerke in Frage kommen, die in Händen der Kommunen das Vertrauen der Bürger und Betriebe genießen. Auf der Suche nach Stadtwerken in Bayern stellte er fest, dass nur ein Bruchteil der Kommunen in Besitz solcher ist. „Im Landkreis Landshut haben 34 der 35 Gemeinden kein eigenes Stadtwerk und das ist in jedem Landkreis ähnlich“, stellte Engl fest. Aus seiner Sicht ist das auch der Grund für die schleppende Energiewende und hohe Energiepreise. Der Verein „Heimatunternehmer zwischen Isar und Inn e.V.“ unterstützte ihn daraufhin und er erhielt einen Auftrag der Bayerischen Verwaltung für ländliche Entwicklung, um ein konkretes Umsetzungsmodell zur Problemlösung zu erarbeiten. In Zusammenarbeit mit der Kanzlei Becker Büttner Held und den Bürgermeistern aus dem Landkreis Landshut entstand anschließend das Regionalwerk-Konzept.
Ein Regionalwerk ist ein interkommunales Unternehmen oder eine „Kreis-Energiegesellschaft“, die sich im Eigentum der Gemeinden eines Landkreises befindet. Mit diesem Unternehmen können die Gemeinden die Energiewende gestalten und sich zugleich ein zweites Einnahmestandbein schaffen, aber auch kommunalhoheitliche Aufgabenbereiche ausgliedern und sie querfinanzieren. Der Landkreis, als eigene kommunale Gebietskörperschaft, darf sich ebenfalls beteiligen und könnte defizitäre Bereiche ausgleichen oder die Kreisumlage reduzieren. „Die Energiewende wurde bereits auf höchster Ebene beschlossen, sie wird also umgesetzt werden. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, wer sie umsetzt und wer damit das Geld verdient, die Allgemeinheit vor Ort oder fremde Investoren“, so Engl. Eine Schließung von Schwimmbädern oder Krankenhäusern kann Engl insofern nicht nachvollziehen, wenn Kommunen und Landkreise gleichzeitig die Energiewende von privaten Investoren genehmigen und kein Regionalwerk gründen.
Laut Engl werden die Weichen der Energiewende in den kommenden Jahren gestellt und darum ist eine zeitnahe Entscheidung über die Regionalwerk-Gründung in jedem Landkreis notwendig. In ein paar Jahren könnte es seiner Ansicht nach zu spät sein, wenn die Netze voll und die Grundstücke belegt sind.
Neben den damit verbundenen Einnahmen könnten die Gemeinden auch für günstige Energieversorgung ihrer Bürger und Betriebe sorgen, aber auch für ihre eigenen kommunalen Liegenschaften. „Wind und Sonne schicken keine Rechnung, das stimmt. Aber der Betreiber eines Wind- oder Solarparks schon und wenn es sich dabei um einen fremden Investor handelt, dann kann sich die Region auf hohe Energiepreise einstellen“. Aufgrund der Tatsache, dass die Energiepreise mittlerweile ein wesentliches Standortkriterium für Betriebe darstellen, ist nach Ansicht von Engl ein dringender Handlungsbedarf gegeben. In über 40 Landkreisen Bayerns teilt man seine Meinung mittlerweile und beschäftigt sich mit einer Regionalwerks-Gründung (z.B. Mühldorf, Rosenheim), zehn Landkreise befinden sich bereits in der Geschäftsplanung (z.B. Unterallgäu, Lichtenfels) oder wurden bereits gegründet (z.B. Regionalwerk Cham und Regionalwerk Haßberge).
Engl rät auch Städten wie Vilsbiburg, die bereits ein Stadtwerk haben, sich am Regionalwerk im jeweiligen Landkreis zu beteiligen. Viele kleinere Stadtwerke stoßen mit der Energiewende und der Digitalisierung an ihre Grenzen, beispielsweise für den Aufbau einer eigenen Stromdirektvermarktung. Aber auch abseits der Energieversorgung könnte das Regionalwerk bei interkommunalen Herausforderungen nützlich sein, wie dem ÖPNV oder dem digitalen Behördengang. Themen wie der Ausbau von Wind- und Solarparks oder die kommunale Wärmeplanung und deren Umsetzung sollten aber zu Beginn den Fokus eines Regionalwerks darstellen.
Gemeinsam ist man stärker – im Anschluss an die interkommunale Zusammenarbeit innerhalb eines Landkreises zielt das Regionalwerk-Konzept auch eine bayernweite Zusammenarbeit aller Regionalwerke vor und den Aufbau einer gemeinsamen Software-Plattform, die Engl besonders wichtig ist. „Wir müssen uns neben der Energiewende auch mit einer Datenwende beschäftigen, die uns neue Möglichkeiten schafft und sich ebenfalls in Bürgerhand befinden muss“, so Engl.
Auf die Frage eines Besuchers, ob sich die Gemeinden Solar- und Windparks überhaupt leisten können antwortete Engl mit einem klaren „Ja“ und ergänzte, dass „insbesondere finanzschwache Gemeinden diesen Weg einschlagen und ein Regionalwerk gründen sollten, denn damit könnte das Defizit ausgeglichen werden“. Neben der Beratung von bayerischen Kommunen unterstützt er auch private Flächenbesitzer im Rahmen der Projektentwicklung erneuerbarer Energien, die er dann mit einem Regionalwerk vor Ort vernetzt. Obwohl Engl in allen Regierungsbezirken Bayerns unterwegs ist, würde er sich vor allem eine Regionalwerk-Gründung in seinem Heimatlandkreis Landshut wünschen.
Abschließend bedankte sich Christian Frankowski bei Herrn Engl für den ausführlichen Vortrag, der in eine angeregte Diskussion mit durchaus kritischen Fragen mündete, bevor der Abend in gemütlicher Atmosphäre seinen Ausklang fand.